Begleiterkrankungen bei Nierenversagen

 

Begleiterkrankungen sind Krankheiten, die zusätzlich zur Hauptdiagnose vorkommen. In der Medizin unterscheidet man zwischen Begleiterkrankungen, die als Folge der Hauptdiagnose (sog. „konkordant“) oder unabhängig von der Hauptdiagnose (sog. „diskordant“) auftreten. Sie können den Krankheitsverlauf bei Patienten mit Hauptdiagnose „chronisches Nierenversagen“ verschlimmern. Daher haben Begleiterscheinungen einen großen Einfluss auf die Lebensqualität mit Dialyse. Außerdem beeinflussen sie die Auswahl des Nierenersatzverfahrens und den Verlauf der Therapie.

Innerhalb der CORETH-Studie wurden Angaben zu Begleiterkrankungen von Dialysepatienten auf der einen sowie von Dialyseärzten auf der anderen Seite miteinander verglichen. Beide Einschätzungen wurden mit der Lebensqualität der Betroffenen in Beziehung gesetzt. Außerdem wurden Patienten mit Bauchfell- bzw. Zentrumsdialyse miteinander verglichen. Das Studienteam wollte so herausfinden, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen zu Begleiterkrankungen sind.

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Oben: Die Einschätzung von Begleiterkrankungen kann zwischen Patient und Arzt variieren.

Erfassung der Begleiterkrankungen: Im Fragebogen wurden Patienten gefragt, welche Gesundheitsprobleme neben der Nierenerkrankung ihrer Meinung nach bei ihnen vorkommen. In einer Checkliste sollten Patienten ankreuzen, ob ein Gesundheitsproblem bei ihnen vorliegt oder nicht (zum Beispiel „Herzprobleme“ oder „Krebs“). Falls eines der Gesundheitsprobleme vorhanden war, wurde auch nach der Behandlung bzw. Medikamenteneinnahme sowie Beeeinträchtigungen im Alltag gefragt. Neben dieser Patientenmeinung wurden außerdem die vom Arzt dokumentierten Krankheiten erfasst und nach einem wissenschaftlichen Schema ausgewertet. In einem weiteren Teil des Fragebogens sollten Patienten ihre persönliche Lebensqualität hinsichtlich geistiger und körperlicher Aspekte einschätzen.

Begleiterkrankungen aus Sicht von Patienten: Dialysepatienten kreuzten am häufigsten an, dass sie unter Bluthochdruck leiden (69%). Fast die Hälfte gab außerdem Rückenschmerzen an (45%). Immerhin ein Dritter der Betroffenen litt unter Herzproblemen (34%) oder Diabetes (33%). Bauchfelldialysepatienten setzten ihr Kreuz bei Bluthochdruck und Blutarmut häufiger als Zentrumsdialysepatienten. Letztere litten im Vergleich zu Bauchfelldialysepatienten eher unter Rückenschmerzen (s. Grafik).

Oben: Begleiterkrankungen von Dialysepatienten (Patienten: 780, Bauchfelldialyse: 251, Zentrumsdialyse: 529).

Vergleich zwischen Arzt- und Patientenmeinung: Aus Sicht von Dialysepatienten lagen etwas mehr Begleiterkrankungen vor als dies der behandelnde Doktor in den Akten dokumentierte (s. Grafik).

Oben: Vergleich von Arzt- und Patientenurteil in Bezug auf die Gesamtheit der Begleiterkrankungen (Patienten: 780).

Der Meinungsunterschied zeigte sich in Bezug auf bestimmte Begleiterkrankungen deutlicher als bei anderen. Patienten kreuzten Magen-, Leber- und Herzprobleme sowie Krebs häufiger an als dies in ihren Akten zu finden war. Für Diabetes und Lungenprobleme war es umgekehrt.

PATIENTENURTEIL UND LEBENSQUALITÄT

Erwartungsgemäß führten stärkere Alltagseinschränkungen durch Begleiterkrankungen zu einer schlechteren Lebensqualität. Interessanterweise sagte die Patientenmeinung über die Krankheiten mehr über die Lebensqualität aus als die Angabe des Doktors. Die Ergebnisse belegen, dass Dialysepatienten und Ärzte teilweise zu unterschiedlichen Urteilen über Begleiterkrankungen kommen. In die Arztbriefe fließen Probleme im Alltag nur begrenzt ein. Urteile von Nierenpatienten zu ihren Einschränkungen können also wichtige Ergänzungen sein, damit optimale Therapiemethoden ausgewählt werden, die zum Leben der Patienten passen.

Für Interessierte:

Robinski, M.; Mau, W.; Girndt, M.: Validating a patient-reported comorbidity measure with respect to quality of life in end-stage disease. PLOS One 2016; DOI: 10.1371/journal.pone.0157506:   1-13.

Link zum Artikel: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0157506